Am 29.10. machen wir bei Sauwetter einen Ausflug in die 30km entfernte Colonia Suiza. Alles ist auf Schweiz gemacht, viele Holzhütten, mehr eine Art Marktplatz mit vielen Verkaufsständen von Handwerksartikeln und jede Menge Essen. Die Hauptatraktion ist das Garen von diversen Fleischsorten, Würsten und allerlei Gemüse auf heißen Steinen in einem Bett von Zweigen mit Blättern, das mit Sackleinentüchern und Erde abgedeckt wird. Das Ganze dauert 2h45min bis alles wunderbar gar ist. Diese Kochweise stammt ursprünglich aus Chile. Passend für den Schweizer Flair fängt es wieder an zu schneien. Richard hat genug uns fährt zurück ins Hostel. Ich fahre noch in das teuerste Golf Spa Resort und Hotel von Argentinien, das Llao Llao. Die Nacht kostet hier ab 500€ ! Ich als nur Besucher darf in der Lobby eine heiße Schokolade und leckere Stückli für 20€ zu mir nehmen. Leider ist das Wetter schlecht und somit auch die Sicht aus der besonderen Lage des Resorts über die bewaldeten Berge mit den eingebetteten Seen gleich Null. Am Abend besuchen wir dafür ein Schweizer Restaurant in Bariloche und bestellen ein Käsefondue, das fast so gut schmeckt wie wenn ich es zubereiten würde. Der Wirt spricht Deutsch mit Schweizer Akzent und spielt uns am Abend noch auf dem Akkordeon einige Ständchen. Das obligatorische Kirschwasser heizt uns noch etwas ein um das nasskalte Wetter zu verkraften. Am 30.10. suchen wir noch einen Elektronikladen, der eventuell Richards defektes Funkgerät reparieren könnte. Jedoch ohne Erfolg, denn in AR gibt es keinen City Band Funk mehr, sondern nur noch VHF. Auch für die defekte Abgastemperaturanzeige von Richard gibt es hier nichts. Freunde aus Würzburg werden ein neues Gerät mit nach Punta Arenas nehmen, wo wir uns an Weihnachten treffen werden.











Also machen wir uns auf den Weg ca.900km an die Ostküste quer durch Argentinien. Mit 4 Zwischenstationen in Lago Puelo, Tecka, Los Altares und am Dique Ameghino ( Staudamm des Rio Chubut) erreichen wir nach 5 Tagen Puerto Madryn an der Atlantikküste. Die Fahrt ist landschaftlich wenig abwechslungsreich. Auf halber Strecke geraten wir noch in ein ordentliches Gewitter mit Hagel. Es gibt in der Vorsaison noch fast keine offenen Campingplätze, so übernachten wir 2 mal an Tankstellen, wir haben ja unser Hotel und Restaurant immer dabei. Das Wetter wird mit jedem Kilometer besser, Sonne und Wärme. Also war die Entscheidung richtig jetzt nicht weiter nach Süden entlang der Anden zu fahren, sondern hinüber an die Atlantikseite zu wechseln. Obwohl es sich bei der RN25 um eine Nationalstraße handelt, gibt es immer wieder Abschnitte wo der Asphalt aufgebrochen ist und teilweise tiefste Schlaglöcher aufweist. Man muss deshalb ständig aufpassen und kann nicht einfach so vor sich hindösen. Die Höhen werden immer niedriger von Anfangs 800müNN bewegen wir uns meistens zwischen 200 - 400müNN. D.H. nach gut 4 Monaten in Höhen zwischen 2500 – 4300müNN, sind wir wieder auf normalen Höhen. Die Abgastemperatur der APEs steigt damit auch wieder von ca. 500 Grad auf über 600 Grad, da es hier unten wieder mehr Sauerstoff für die Verbrennung gibt. Auf der Atlantikseite in der Provinz Chubut kommen wir nun in ein Gebiet in dem die ersten Aussiedler aus Wales (GB) im Jahre 1865 landeten, um ein freieres Leben zu beginnen. Die Spuren der Waliser sind noch vereinzelt in den Dörfern Dolavon, Gaiman und Trelew zu finden. Sie bauten Backsteinhäuser und eine Eisenbahnstrecke, um das Getreide und die Schafwolle an die Küste zu transportieren. Die gesamte Technik, Dampflokomotiven, Wagons und sogar die Kohle wurde aus Wales per Boot herangeschafft. In den 60er Jahren übernahmen dann die LKWs mit Verbrennungsmotoren das Geschäft und die Eisenbahn wurde eingestellt. Die Waliser waren zum Großteil Bergleute und hatten wenig Erfahrung mit Landwirtschaft, sodass viele durch Hungertod starben. Mit Hilfe der einheimischen Tehuelche Indianer lernten sie die kargen Böden zu bewirtschaften und das Süßwasser kilometerweit heran zu schaffen. Die Neuankömmlinge lebten in einem guten Miteinander mit den Tehuelche Indianern. Es gab sogar Mischehen. Ein Muss in Gaiman ist der Besuch des Casa Gales De Te, in dem Princess Diana of Wales im Jahre 1995 zum 4 o`clock tea zu Besuch war. Zum Tee gibt es reichlich diverse Kuchenstückchen, Scons und Sandwiches fürm20€ pro Person. Ich habe eine Münze als Sonderprägung anlässlich der Hochzeit von Prinz Charles und Lady Diana mitgebracht und überlasse sie dem Besitzer des Teehauses, der uns im Gegenzug die Rechnung erlässt.












Am 3.11. kommen wir schließlich am Atlantik in Puerto Madryn an, wo auch das das erste Schiff, die Mimosa, mit den Walisern im Jahre 1865 landete. Es gibt wieder Sonne, doch weht ständig ein Wind um die 45kmh. Die Nächte sind deutlich wärmer um die 11Grad. Wir installieren uns auf dem Campingplatz des AR Automobilclubs ACA direkt an der Küste, mit heißen Duschen !! Der 1. Ausflug geht in die Seelöwenbucht 14km von hier im Naturschutzgebiet. Ich nehme Kontakt mit einer Tauchbasis auf, um mit den Seelöwen zu tauchen und ein Wrack unter Wasser zu erkunden. Der Wind steht noch ungünstig, sodass ich noch ein paar Tage auf Besserung warten muss.









Am Wochenende fallen hier argentinische Familien aus der ganzen Umgebung zum Grillen ein und füllen die Restaurants. Am Sonntag fahren alle wieder nach Hause und alle Bankautomaten sind leer. In AR gibt es 3 Mobilfunkanbieter: Personal, Movistar und Claro. Wir haben uns zu Beginn der Reise eine SIM-Karte von Personal gekauft, die bis jetzt einigermaßen für Verbindung zum Mobilfunknetz in den Städten gesorgt hatte. In der Regel reißt nach 20km außerhalb der Städte die Verbindung ab. Jetzt im Süden funktioniert Personal nicht mehr gut, deshalb besorgen wir uns eine SIM-Karte von Movistar, die den Süden besser abdecken sollen. Leider klappt die Aktivierung nicht, da es seit ein paar Monaten ein neues Gesetz gibt, dass bei der Aktivierung die DNI-Nummer eines Argentiniers oder Argentinierin, das Geschlecht und Geb.datum eingegeben werden muss. Als Tourist haben wir natürlich keine argentinische DNI, deshalb können wir die SIM-Karte nicht aktivieren. Nach 3 Fehlversuchen mit unseren Passnummern ist die SIM-Karte erstmal für 24h gesperrt. Die Besitzerin vom Kiosk wo wir die SIM-Karte gekauft hatten gibt uns ihre Daten und die Registrierung war erfolgreich. Ein weiterer Besuch beim Büro von Movistar war nötig, damit wir auch Zugang zum Internet haben. Jetzt können wir wieder ins Internet und Emails, WhatsApp etc. senden und empfangen. Am 10.11. fahren wir weiter auf die unter Naturschutz stehende Halbinsel Valdes, die für ihre Wale, die Südkaper oder auch südliche Glattwale, berühmt ist, die sich hier in der großen Golfo Nuevo Bucht von April bis Dezember paaren und die Kälber zur Welt bringen. Als Einzelgänger ziehen sie dann wieder in die Antarktis, um sich erneut eine dicke Fettschicht von 45cm als Reserve für die 4-5 Monate im nächsten Jahr hier in der Bucht ohne Nahrungsaufnahme anzufressen. Die ersten Wale kommen im April zur Paarung hier an und bleiben nur 2 Monate. Die werdenden Wal Kühe kommen dann im August prall und dick an, doch die Kälber bekommen jeden Tag ca. 100 Liter fette Milch, sodass die Mütter im Dezember durch den Abbau der Fettschicht richtige Falten bekommen. Die Kälber bleiben noch 1 Jahr bei der Mutter und erlernen sich selber zu ernähren, bevor sie auch zu Einzelgängern werden. Dieses Jahr waren in der Bucht über 800 Wale angekommen und es wurden 172 Kälber geboren. Leider ist der Bestand durch den Abbau des Krills gefährdet. Von dem einzigen Ort, mit ca. 30 Häusern, hier auf der Halbinsel, Puerto Piramides machen wir einen Ausflug zur Ostküste wo sich die Killerwale bzw. Orcas tummeln und den Magellan Pinguinen sowie einer Seeelphantenkolonie. Der Name Killerwale ist irreführend, denn die Orcas gehören zu der Familie der Delfine. Das Unterscheidungsmerkmal ist die Fontäne der Ausatemluft. Die Wale mit Barten haben 2 Ausatemöffnungen und man sieht eine V-förmige Fontäne, wohingegen die Orcas und Delfine, Räuber mit Zähnen, nur eine Ausatemöffnung haben und die Fontäne entsprechend nur aus einem Strahl besteht. Der 80km lange Weg dorthin ist alles nur Piste mit tiefen sandigen Stellen und lockeren Kieslagen. Eine erneute Herausforderung für die APEs und uns Fahrer. Schon am Tag zuvor sind wir auf der Fahrt zu einem Walspotingpunkt gleich 2mal in einer Sandverwehung stecken geblieben. So kam auch der Klappspaten mal zum Einsatz. Schließlich haben wir mit viel Schwung und gegenseitigen Mitschieben die Stellen passiert. Die Mühen wurden aber reichlich belohnt mit Pinguinen zum Greifen nahe und den in einem 15km langen Seitenarmes jagenden Orcas. Sie kommen fast täglich in Rudeln von 5-7 Orcas bei Flut in den Seitenarm hereingeschwommen und grasen die Bucht ab, bevor sie wieder im offenen Meer entlang der Küste Ausschau nach unvorsichtigen Seelöwen oder Seeelephanten, ihrer Lieblingsspeise, halten. Die Bucht mit den Seeelephanten bietet ein Bild mit faul am Strand entlang herumliegenden Kühen und Jungen, sowie dem Bullen, der alle 130 Kühe in seinem Harem hat, solange kein anderer Bulle aus den erbitterten und blutigen Kämpfen als Sieger hervorgeht und dann den Harem übernimmt. Dann darf bzw. muss er alle 130 Kühe befruchten. Ganz schön stressig, oder !







Nun sind wir 6 Monate unterwegs und haben bereits 9700km seit dem Start in Würzburg am 15.5.2017 zurückgelegt. Zeit für ein kleines Zwischen Resümee. Die Größe und Weite Argentiniens erleben wir durch unsere durchschnittliche Reisegeschwindigkeit von 35kmh besonders intensiv. Der Norden war besonders abwechslungsreich und eine besondere Herausforderung für unsere APEs in Höhen zwischen 2000- 4300müNN. Die Bevölkerung Argentiniens konzentriert hauptsächlich in den 5 größten Städten und auf dem Lande wohnen nur sehr wenige Menschen. Diese wohnen in sehr einfachen und bescheidenen Verhältnissen und sind weit verstreut. Umweltbewusstsein ist in Argentinien so gut wie nicht vorhanden. Die Motoren der Autos und LKWs die dicke Rußwolken ausstoßen und stinken, werden bei Stopps nicht abgestellt. Der Müll wird ein paar Kilometer außerhalb der Städte und Dörfer in die Flur geschmissen. Plastiktüten gibt es für jeden noch so kleinen Einkauf. Wasserhähne und Toilettenspülungen tropfen oder funktionieren gar nicht. Kläranlagen haben wir bis jetzt noch keine entdeckt. Selbst die Nationalstraßen sind teilweise in sehr schlechten Zustand. Entweder tiefe Schlaglöcher, oder massive Deformationen durch die LKWs und ganze Teilstücke einfach Schotterpiste. Bei Institutionen wie‘: Banken, Post, Immigrationsbehörde, Telefonläden und Tankstellen gibt es immer Schlangen von Menschen, die ohne Murren geduldig und ergeben bis zu mehreren Stunden warten. Die Argentinier selber sind sehr unzufrieden mit den Politikern und ihrem Clan, egal von welcher Partei, da diese anscheinend in erster Linie nur für sich und ihren Clan sorgen. Ein Vertrauen in einen funktionierenden Staat gibt es nicht und die Schwarzarbeit blüht. Im Süden geben die Lehrer seit Monaten keinen Unterricht mehr, da sie mit der Regierung wegen ihrer schlechten Bezahlung im Streit sind. Es liegt vielleicht an dem Gefühl von Machtlosigkeit und der Einstellung: es ändert sich sowieso nichts, eines Großteiles der argentinischen Bevölkerung, dass es einen besonderen Zusammenhalt und Herzlichkeit untereinander und auch gegenüber uns gibt. Die Familie steht an 1. Stelle. Die diversen Unannehmlichkeiten werden gelassen hingenommen und das Verantwortungsbewusstsein gegenüber dem Staat ist kaum vorhanden. Was immer wieder begeistert ist die Kontaktfreudigkeit, Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft der Argentinier. Beruhigend ist auch zu sehen, dass dieses riesige Land (es ist fast 8-mal so groß wie Deutschland), noch bis zu 80% aus unberührter Natur besteht, da fast 905 der 43 Millionen Einwohnern in Städten und Dörfern wohnen. D.h. sie haben noch 6-mal die Fläche von Deutschland als unberührte Natur in Form von Bergen und Steppenlandschaften als Reserve zur Verfügung.
